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Vinum et Nympha

  • Autorenbild: Mina
    Mina
  • 15. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit
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Man erzählt sich, dass sich tief in den Schattenwäldern außerhalb von Rom, wo das Licht durch dichte Baumkronen fällt und das Moos weicher ist als jedes Bett, einst die Nymphen um eine Thermalquelle versammelt hätten – die Gefährtinnen des Bacchus.


Es waren nicht die sanften, braven Waldwesen mit Blumen im Haar aus Kindermärchen.


Sondern die frivolen, enthemmten Nymphen aus den antiken Erzählungen. Sie waren wilde, in ihrer Lust ungezügelte Gestalten, die aus den erotischen Wünschen der Menschen entstanden waren, um sich an ihrer Lust zu berauschen. Sie tanzten barfuß im Schlamm, liebten sich im Gras und tranken den Wein nicht aus Krügen, sondern von den Körpern derer, die sie würdig fanden.


Ich war eine von ihnen. Er war der Fremde, der sich in unser geheimes Fest verirrte: ein Sterblicher, müde vom Lärm der Stadt und auf der Suche nach Ruhe, der stattdessen von einer Nymphe gefunden wurde.

Von mir.


Ich trug nichts als ein Riemengeschirr, das mehr entblößte, als es zu verdecken vermochte, und einen Blick, der mehr sagte als jede Sprache. Ich führte ihn zu einem Wasserfall, der sich in ein warmes Becken ergoss. Wir badeten schweigend, nackt, unsere Lust zwischen uns wie ein unsichtbarer Dunst.


Dann holte ich den Wein: ein goldener Weißwein, dessen fruchtige Seele den Sommer selbst auf die Zunge legte. Ein Geschenk des Bacchus selbst, nur für sein Gefolge aus Nymphen und Faunen bestimmt.


„Koste ihn“, flüsterte ich, „aber nicht aus dem Becher, sondern aus mir.“ Ich nahm einen Schluck. Ich behielt ihn im Mund. Dann ließ ich mich auf den warmen Stein nieder. Ich legte mich zurück. Im Licht glänzten meine entblößten Brüste; meine Haut bebte, als ich den Wein langsam über meine Lippen, hinab über mein Kinn, zwischen meine Brüste, über meinen Nabel bis tief zwischen meine Schenkel fließen ließ.

Er folgte dem Strom mit seiner Zunge. Voll inniger Ehrfurcht trank er den Wein von meiner Haut. Er schmeckte nicht nur die Süße der Trauben, sondern das Salz meiner erhitzten Haut, meine feuchte Lust, die längst mehr war als Spiel einer gelangweilten Nymphe und eines nach Ruhe strebenden Sterblichen.


Wir waren Teil des ewigen Kreislaufs der Natur geworden, in dem Lust und Energie, Lebensfreude und Vergänglichkeit untrennbar miteinander verbunden sind.


Ich war der göttliche Lustkelch. Er war der Durstige, der an mir seine Durst löschte. Und Bacchus lachte leise im Schatten des weit ausladenden Laubdachs einer uralten Eiche und sein Lachen wurde als Lied vom Wind davon getragen.


Später, als ich kam, war es wie ein Opfer für die alte Gottheit. Meine Beine zuckten, meine Stimme war rau vor Ekstase und der letzte Tropfen Wein rann aus meinem Bauchnabel auf seine Lippen, während er zu mir empor sah. Ich war bezaubert von der Freude, Teil eines Rituals zu sein, das älter war als Sprache und doch so gegenwärtig wie der Tropfen Wein, der auf seinen Lippen glänzte. Er hatte mich getrunken, als wäre ich selbst der heilige Kelch eines alten Rituals, gefüllt mit dem Wein der Götter und dem Saft meiner Lust. Und ich hatte es nicht nur zugelassen, sondern ersehnt, mit jeder Faser meines noch bebenden Körpers.

Er blickte kurz zurück – und wie ein Traum im Morgenlicht war sie verschwunden.

Die Nymphe war gegangen. Doch der Sterbliche irrte noch oft in den Wald, auf der Suche nach Wiederkehr. Vergebens. Nur im Atem des Windes, im heimlichen Rauschen der Blätter, klang zuweilen ihr Stöhnen nach.


Aber weißt du was?

Vielleicht war es nie ein Mythos. Vielleicht nur eine Geschichte – gebrochen im Licht der bunten Splitter meines Lebens-Kaleidoskops.


Ob es wirklich geschah, bleibt mein Geheimnis. Ein Edelescort weiß, dass wahre Geschichten nur dort ihren Wert bewahren, wo sie im Gedächtnis der Beteiligten weiterleben – und nicht im Lärm der Boulevardblätter vergeudet werden.


So erhebe das Glas mit mir – auf Bacchus, auf die Nymphe und auf all das, was das Leben noch für dich bereithält.

 
 
 

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